Naturtage für Mädchen und Knaben der 6. Klasse
Zeitrahmen
1-2 h Vorbereitungsgespräch mit den Lehrpersonen
1-2 h Elternabend
1 Projekttag
Ausgangslage
Während der Pubertät erleben Mädchen und Knaben enorme körperliche aber auch psychische Veränderungen. Es ist wichtig, dass man sie begleitet, je früher desto besser.
Pubertät, Menstruation, Eisprung, Hygieneartikel sind Wörter, die bei vielen Frauen gleichbedeutend sind mit Schmerz und Unwohlsein und dadurch mit negativen Gedanken behaftet sind. Auch wenn Mütter ihre Kinder schon früh aufklären, gelingt es vielen nicht, das unbefangen, ohne eigene Erfahrungen zu machen. Bei jungen Mädchen, kurz vor oder schon mitten in der Pubertät, werden die gut gemeinten Ratschläge der Mamis zur mühsamen Qual. Aussenstehende finden dann oft den besseren Zugang zu den Kindern. Claudia Bettenmann, Hebamme, Körpertherapeutin und selbst Mutter zweier Mädchen, ist so eine Aussenstehende. Sie bietet ?Mädchentage? an, als Vorbereitung auf die bevorstehende Regelblutung, ausgerichtet auf Mädchen im Alter von 11 bis 13 Jahren.
Mit 15, 16 Jahren ist es meist schon zu spät, das Selbstvertrauen der Mädchen richtig zu fördern. Oft sind sie bereits von negativen Erfahrungen geprägt, vor allem im Zusammenhang mit der Veränderung ihres Körpers, aber auch mit den ersten negativen Erlebnissen in der Sexualität.
Auch bei jungen Männern finden während der Pubertät grosse Veränderungen statt. Ueli Bettenmann, Schreiner, Snowboardexperte, mit langjähriger Erfahrung im Leiten von Jugendgruppen, bietet als Ergänzung zum Programm seiner Partnerin ?Knabentage? an.
Die Knaben gehen dabei auf die Suche nach ihrer Kraft, nach Abenteuer und ihren Grenzen. Sie erfahren mehr über ihren Körper und wie sich dieser verändert.
Beschreibung des Projektes
Projektziel
Mädchen sollen früh einen positiven Zugang zu ihrem künftigen Frausein bekommen.
An einem vorbereitenden Elternabend werden die Eltern geschlechtergetrennt über die Mädchen-/Knabentage informiert und in die Thematik eingeführt.
Knaben sollen ihre Stärken spüren, sie werden in der Jugendzeit willkommen geheissen.
Knaben sollen einen positiven Zugang zum Mannsein bekommen.
Erwachsen werden bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Dies soll an den Naturtagen praktisch gelebt werden.
Strategien und Massnahmen
Mädchen erleben einen Tag gemeinsam mit anderen Mädchen in der Natur. Sie verbringen die Zeit miteinander und sind eine Stunde ganz alleine. Im Mädchenkreis erzählen sie und hören einander zu. Anhand eines speziell angefertigten Modells erklärt Claudia Bettenmann den Mädchen, wie der Frauenkörper funktioniert, d.h. wie es überhaupt zur Menstruation kommt und was genau passiert. Sie zeigt den Mädchen die verschiedenen Hygieneartikel wie Binden und Tampons und erklärt ihre Anwendung. Sie macht zudem deutlich, wie die Hormone im Körper wirken, welche Anzeichen auf eine baldige Regelblutung hinweisen. Sie beantwortet auch konkrete Fragen zur Sexualität.
Ein gemeinsames Mittagessen am Feuer und Spiele runden den Tag ab.
Die Jungs beginnen den Tag mit dem Schnitzen eines Holzpfahls und einem gemeinsamen Spiel. Danach überqueren sie die Sihl barfuss. Ein Canyon wird bestiegen, Seil, Pickel sind als Hilfmittel dabei. Der beste Weg muss gesucht werden, jeder ist verantwortlich für das Vorwärtskommen der ganzen Gruppe. Die Knaben helfen einander an schwierigen Stellen. Am Lagerplatz wird ein Feuer ohne Streichhölzer entfacht. Nach dem Mittagessen ist Zeit für weitere Spiele. Die Knaben diskutieren im Jungenkreis über Themen wie "Typisch Mann" und "körperliche Veränderungen bei Jungs".
Geplante Evaluation
Nach dem Naturtag verfassten die Kinder eine schriftliche Rückmeldung an die beiden Organisatoren. Die Rückmeldungen wurden von der Projektgruppe ausgewertet:
Der ganze Tag wurde von den Kindern ausnahmslos positiv bewertet.
Beide Gruppen erwähnten, dass die Stimmung innerhalb der gleichgeschlechtlichen Gruppe gut war, anders als wenn man gemischt zusammen ist. Es fanden alle Mädchen und Knaben angenehm einmal etwas getrenntes zu unternehmen.
Die praktischen Tipps kamen bei den Mädchen sehr gut an.
Alle beschrieben die Stunde alleine im Wald, als grösstes Erlebnis.
Auch das anschliessende Gespräch über ihre Zeit allein und die Spiegelung (Interpretation) ihrer Erfahrungen durch Claudia Bettenmann fanden die Mädchen sehr spannend.
Das Wetter, das bei beiden Gruppen das Gleiche war (am Morgen Wind und Regen, am Nachmittag Sonne) wurde unterschiedlich wahrgenommen. Die Mädchen, die vormittags viel Zeit mit Reden verbrachten fühlten sich anfangs gestört durch den Wind, die Kälte. Die Knaben, die körperlich aktiv waren fanden es nicht erwähnenswert.
Bei den Knaben war der Faktor Abenteuer, Herausforderung, die Natur bezwingen, sich mit anderen messen das Zentrale in den Rückmeldungen. Die Herausforderung barfuss die Sihl zu überqueren und einen Canyon hochzuklettern war nicht nur eine körperliche, einige mussten dabei auch Ängste überwinden.
Die Spiele kamen bei den Jungen sehr gut an.
Die gemeinsame Gesprächsrunde erwähnte nur ein Knabe in seiner Rückmeldung.
Allerdings empfanden die Jungs am Naturtag selbst die Runden, in denen sie über Methoden wie "der heisse Stuhl", oder "Mannopoli" einander gegenseitig, wie auch direkt an Ueli Bettenmann, Fragen stellen konnten, viel zu kurz.
Konzepte der Gesundheitsförderung
Chancengleichheit
Die Naturtage finden geschlechtergetrennt statt. So haben die spezifischen Themen mehr Raum.
Empowerment
Es gibt keine falschen Fragen und falschen Antworten. Die Erzählungen und Fragen der Jugendlichen werden ernst genommen. Die gesammelten Erfahrungen des stündigen Alleineseins tragen die Mädchen wieder in die Gruppe, wo sie ihre ganz persönliche Geschichte dann erzählen. Claudia Bettenmann hört zu und versucht das Erzählte zu erklären, nicht zu interpretieren.
Die Jugendlichen werden in der Pubertät willkommen geheissen.
Partizipation
Die Kinder werden bewusst nicht in die Projektplanung einbezogen. Der Naturtag soll überraschend, spannend und abenteuerlich sein.
Die Durchführung hängt stark von der persönlichen Beteiligung der Mädchen und Knaben ab. Verantwortung übernehmen ist ein wichtiges, gelebtes Thema der Naturtage.
Langfristigkeit
Das Projekt wurde fest in das Schulprogramm der Schule Bachtobel integriert. In allen 6. Klassen finden im Frühling die Naturtage statt.
Zielerreichung (Evaluation)
Projektziele
Die gesetzten Ziele werden gemäss den Rückmeldungen der Jugendlichen erreicht.
Mädchen erleben den Tag äusserst positiv, sie haben Zeit für sich alleine und einander. Sie werden individuell betreut und gestärkt. Hemmungen werden abgebaut, die Rolle als Frau positiv thematisiert und erlebt.
Knaben können ihre Stärken spüren, sie erleben Abenteuer und übernehmen aktiv Verantwortung für einander. Der Tag vermittelt einen positiven Zugang zu Männerthemen.
Die Rückmeldungen der Eltern sind sehr erfreulich. Sie finden das Thema absolut wichtig und danken der Schule für das Angebot. Die Mädchen/Knabentage werden zuhause besprochen und finden Nachklang.
Das Thema Pubertät wird in der Schule vertieft und weitergeführt (z.B. "Frau werden, Mann werden" im Lehrmittel: Kaleidoskop, Schulverlag/ilz)
Strategien und Massnahmen
Es ist sehr sinnvoll mit Claudia und Ueli Bettenmann aussenstehende Fachleute für den Mädchen/Knabentag einzubeziehen. Diese bringen neben viel Erfahrung, Knowhow und der praktischen Organisation und Durchführung viel gute Stimmung und Unbefangenheit in die Gruppen.
Stärken
Die Projektleitung ist sehr professionell. Die Planung, Organisation und Durchführung durch die Projektleitung nimmt den Lehrpersonen viel Arbeit ab, das Projekt ist für die Schule ohne viel Aufwand zu realisieren. Die Eltern schätzen das Angebot.
Der erlebnisreiche Tag, bleibt allen Beteiligten nachdrücklich und positiv im Gedächtnis.
Die Naturtage sind geeignet als Beginn oder Ergänzung zum Thema "Aufklärung und Sexualität".
Das Thema Pubertät wird mit den Mädchen sehr offen und doch behutsam behandelt.
Die Mädchenthemen sind sehr informativ und spannend.
Die Knaben erleben in Stadtnähe einen unvergesslichen, abenteuerlichen Naturtag
Das Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt.
Schwächen
Den Knaben fällt es manchmal nicht leicht über Männerthemen zu sprechen.